Out of the box

Out of the box

das war unser Arbeitstitel für ein außergewöhnliches Projekt mit dem Mädchenchor der Sing-Akademie zu Berlin und dem Berliner Mädchenchor. Und was sollen wir sagen? Der Titel war Programm. Doch von Anfang an…

Über ein Jahr lang steckten wir in der Planung dieses einzigartigen Vorhabens. Unser Ziel: Drei Berliner Jugendchöre mit insgesamt 90 Sänger*innen im Alter von 10 bis 24 Jahren zusammenzubringen, um ein gemeinsames Programm zu erarbeiten – eines, das sowohl die Teilnehmenden als auch das Publikum dazu einlädt, Chormusik neu und anders zu erleben. Für dieses Abenteuer gewannen wir den baskischen Chordirigenten Basilio Astúlez. Soweit, so gut…

Doch dann kam alles anders. Einen Tag, bevor die drei Chöre nach Wernigerode reisten, um dort die letzten Feinheiten auszuarbeiten, kam die Hiobsbotschaft: Krankheitsbedingt musste Basilio Astúlez absagen. Ein herber Rückschlag – doch Aufgeben war keine Option. Die drei Chorleiterinnen setzten alle Hebel in Bewegung und schafften es tatsächlich, am Dienstagmorgen die Berliner Choreografin Anna Melnikova für das Projekt zu gewinnen. Innerhalb kürzester Zeit machte sie sich mit dem Konzertort, den Stücken und unserem Konzept vertraut und entwickelte eine Choreografie, die das Programm zu einem ganzheitlichen Kunstwerk machte. Wir sind unendlich dankbar für ihren spontanen Einsatz und das unermüdliche Engagement der Chorleiterinnen, die dieses Projekt gerettet haben.

Von Dienstag, dem 4. Februar 2025, bis Samstag, den 8. Februar 2025, verbrachten wir intensive Probentage in Wernigerode. Sechs bis acht Stunden täglich wurde an den Stücken gefeilt, choreografiert und experimentiert. Anna Melnikova erarbeitete mit den Kindern und Jugendlichen mitreißende und berührende Choreografien, die die Stücke auf eine neue Ebene hoben. Die Tage in Wernigerode waren für alle Beteiligten out of the box: die Chorleiterinnen übernahmen die musikalische Leitung, die sonst Basilio Astúlez inne gehabt hätte, und die Sänger*innen durften im kreativen Prozess lernen, eigene Entscheidungen zu treffen, selbst kreativ zu werden, mit den anderen Sänger*innen in die Interaktion zu treten und so richtig intensiv an einer gemeinsamen Sache zu arbeiten. Es war eine wunderschöne, aber auch anstrengende Zeit in Wernigerode. Zwischen den vielen Proben, sind wir gemeinsam durch den matschigen Wald gewandert, haben uns gegenseitig beim Spieleabend und beim Bunten Abend besser kennengelernt und sind als Chorgemeinschaft noch enger zusammen gewachsen.

Der krönende Abschluss war das Konzert „RUBIK“, das am 9. Februar 2025 in der St. Johanniskirche in Berlin-Moabit stattfand. Nach einer letzten konzentrierten Probe und einem gemeinsamen bunten Mittagsbuffet war es endlich soweit. Der Abend begann mit einzelnen Auftritten der drei Chöre, in denen sie sich mit jeweils drei bis vier Stücken präsentierten. So wurde die musikalische Vielfalt und Individualität der Chöre hörbar. Den Abschluss des ersten Teils bildete das Stück „Moeder Aarde, aardse moeder“, das alle drei Chöre gemeinsam, verteilt in der gesamten Kirche, sangen – ein magischer Moment. Nach einer kurzen Pause wurde es dann richtig spannend: Sechs völlig unterschiedliche Stücke, die choreografiert und kunstvoll miteinander verwoben waren, wurden von den 90 Sänger*innen aufgeführt. Die gesamte Kirche wurde zur Bühne, die Chöre verschmolzen zu einem großen Klangkörper. Es war emotional, kraftvoll, energiegeladen – ein wahres Gesamtkunstwerk. Der letzte Ton verklang, eine Stille lag in der Luft, bevor schließlich tosender Applaus und Standing Ovations den Raum füllten. Ein Moment, in dem für uns alle die Zeit stillstand. Unbeschreiblich.

Zugabe gefällig? Wer diesen besonderen Abend verpasst hat oder ihn erneut erleben möchte, hat Glück: „RUBIK“ wird am 8. März 2025 um 18:00 Uhr im Konzertsaal der UdK wiederaufgeführt. Eine herzliche Einladung an alle, sich noch einmal verzaubern zu lassen!

 

Ein Projekt wie dieses ist nur mit vielen helfenden Händen möglich. Unser tiefster Dank geht an Anna Melnikova, die mit so viel Herzblut kurzfristig eingesprungen ist. Ein riesiges Dankeschön an Patrizia von Palubitzki, Kelley Sundin-Donig, Friederike Stahmer und Ute Franzke für ihre unermüdliche Energie, unsere Pianistin Ya Suo und die Perkussionistin Simone Münzner, an den Freundeskreis des Clara-Schumann-Kinderchores e.V. für die organisatorische und finanzielle Unterstützung sowie an die zahlreichen ehrenamtlichen Eltern, die am Konzerttag für das Wohl der Kinder gesorgt und beim Einlass geholfen haben. Ein besonderer Dank gilt dem Chorverband Berlin für die großzügige Projektförderung 2025.

Dieses Projekt hat gezeigt: Musik kennt keine Grenzen – und manchmal entstehen die schönsten Dinge genau dann, wenn man aus der Box heraustritt.

 

Fotos: Cornelia Schlemmer

 

Ausschnitt aus der „Berliner Morgenpost“ vom 11. Februar 2025

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